<111> auf schwache Verteidigung zu rechnen. Daher sandte Prinz Heinrich Oberst Bohlen1 mit 1 500 Mann zur Verstärkung ab. Bohlen wollte sich in die Stadt werfen, aber Stammer, der dort im Namen des Herzogs befehligte, wollte ihn nicht einlassen.

Bohlen zog sich also zurück, und zwei Tage später war der Graf von der Lausitz Herr von Wolfenbüttel (10. Oktober). Sobald die Sachsen die Stadt eingenommen hatten, schickte Serbelloni zu ihrer Verstärkung General Luszinsky mit 6 000 Mann ab. Der rückte gegen die Saale vor und bemächtigte sich Halles. Prinz Heinrich stellte ihm Seydlitz entgegen, der über Dessau und Bernburg rückte und dem Feind den Eintritt ins Herzogtum Magdeburg streitig zu machen suchte. Aber schon hatte der Graf von der Lausitz Wolfenbüttel geräumt und sich nach Hessen zurückgezogen. Auch Luszinsky war wieder zu den Reichstruppen gestoßen. So war Seydlitz in jener Gegend denn nicht mehr vonnöten und stieß wieder zum Prinzen Heinrich.

Kaum aber waren die Dinge in Niedersachsen einigermaßen in Ordnung gekommen, als Buturlins Abmarsch aus Schlesien einen unmittelbaren Angriff auf Berlin befürchten ließ. So hatten es die Russen ja schon im letzten Feldzug gemacht2. Zur Beobachtung der russischen Armee sandte also Prinz Heinrich Oberst Podewils3 mit 800 Pferden nach Fürstenwalde. Aber Platens Zug nach Kobylin vereitelte den russischen Plan, sofern sie ihn wirklich im Auge hatten. Die Hauptstadt war also gerettet.

Endlich erwachten die Österreicher aus ihrer Lethargie. Bei ernstlichem Willen hätte Daun die Preußen aus Sachsen verdrängen können. Er beschränkte seine Operationen jedoch auf Besetzung der ganzen an Böhmen grenzenden sächsischen Bergkette. Das hieß sich mit einem Dorf begnügen, während er ein Königreich hätte haben können. Hadik brach mit einem starken Korps von Dippoldswalde auf und setzte sich in Freiberg fest, indes Daun alle preußischen Truppen an der Triebisch beunruhigen ließ, um Prinz Heinrich an einem Angriff auf Hadik zu hindern. Durch die eben erwähnten Bewegungen kamen die Österreicher unmittelbar in die rechte Flanke der preußischen Truppen im Lager bei den Katzenhäusern. Zur Vermeidung dieses Beistandes änderte Prinz Heinrich seine Stellung, ließ ein befestigtes Lager beim Petersberg4 herrichten und betraute Seydlitz mit dessen Oberbefehl.

In Schlesien endigten die Operationen der Österreicher, wie erwähnt, mit der Einnahme von Schweidnitz. Da Laudon sich mit den russischen Hilfstruppen unter Tschernyschew stark genug fühlte, sandte er Campitelli mit dem Korps, das ihm O'Donell aus der Lausitz zugeführt hatte, nach Sachsen. Campitelli ging am 1. November über die Dresdener Elbbrücke und wurde dann zur Verstärkung Hadiks ins Gebirge nach Freiberg gesandt. Daraufhin verließ Feldmarschall Daun das Lager auf dem Windberg und rückte mit seiner ganzen Macht gegen die Front der preußischen Armee vor5.


1 Oberstleutnant Balthasar Ernst von Bohlen, Kommandeur des zum Kleistschen Freikorps gehörigen Frei-Dragonerregiments Kleist.

2 Vgl. S. 61. 63 ff.

3 Friedrich Wilhelm von Podewils, Oberst im Dragonerregiment Schorlemer.

4 Nordwestlich von Nossen.

5 5. November 1761.